Museum historischer Schreibmaschinen | Fachbibliothek || Stenografenverein 1925 Treysa e. V.

Entwicklungsgeschichte der Schreibmaschine

Frühe Nachweise

Henry Mill | England | 1714 | * um 1683 † 1771 | Wasserbau-Ingenieur und Erfinder

Von dem ihm erteilten Patent auf eine Schreibmaschine sind nur noch wenige Details und keine Zeichnungen mehr überliefert. Die Patentschrift wird aber als älteste schriftliche Erwähnung einer Maschine zum individuellen Schreiben betrachtet.

Pellegrino Turri | Italien | 1808 | * 1765 † 1828 | Erfinder

Er entwickelte die erste funktionsfähige Schreibmaschine für die erblindete Gräfin Carolina Fantoni da Fivizzono. Briefe, die auf dieser Maschine geschrieben wurden, sind erhalten. Die Maschine selbst ist weder erhalten noch sind genaue Beschreibungen vorhanden. Anhand der erhaltenen Briefe lässt sich erkennen, dass die Maschine mithilfe von Farbpapier und Typendruck arbeitete. Er gilt als Erfinder des Farbpapiers als Vorläufer des Farbbandes.

Karl Freiherr von Drais
vollständiger Name: Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn
Deutschland | 1821 | * 1785 † 1851 | Forstbeamter und Erfinder

Zu seinen Erfindungen gehören die erste deutsche Schreibmaschine (1821) für seinen erblindeten Vater und eine „Schnellschreibmaschine“ mit (nur) vier mal vier Tasten (1825).

Die „Schnellschreibmaschine“ von Karl Freiherr von Drais [Abb. 1]

William Burt | USA | 1829 | * 1792 † 1858 | Wissenschaftler und Erfinder

Sein „Typograph“ war die erste konstruierte und funktionierende Schreibmaschine, die in den USA patentiert wurde. Das Patent ging 1836 beim Brand des Patentamtes verloren.

Es war die erste Maschine mit Klein- und Großbuchstaben, die Einfärbung erfolgte über ein Farbkissen. Seine Wortschöpfung „Typograph“ mündete 1874 in dem Begriff „Typewriter“ (= Schreibmaschine).

Der „Typograph“ von William Burt [Abb. 2]

Weitere frühe Modelle

Die französischen Konstrukteure Francois Xavier Progin („Plume typographique“ – 1833) und Pierre Foucauld („Raphigraphe“ – 1843) sowie der US-Amerikaner Charles Thurber („Patent Printer“ – ebenfalls 1843) stellten Prototypen mit Typenstäben bzw. -stangen her.

Guiseppe Ravizza | Italien | 1855 | * 1811 † 1885 | Rechtsgelehrter und Erfinder

1837 baute er seine erste Schreibmaschine, für die er Klaviertasten verwendete. 1855 wurde sein „Cembalo Scrivano“ (= Schreibklavier) zum Patent angemeldet; es wurde ein Jahr später auf der Industrieausstellung in Turin präsentiert.

Das „Cembalo scrivano“ von Guiseppe Ravizza, auf dem Foto mit seiner Frau und seiner Tochter [Abb. 3]

Peter Mitterhofer | Südtirol | 1864 | * 1822 † 1893 | Tischler, Zimmermann und Erfinder

Zwischen 1864 und 1869 baute er insgesamt fünf Modelle. Beim Modell 1 befinden sich die „Typenhebel“ für Großbuchstaben und Satzzeichen in einem kreisförmig angeordneten Korb. Die Schriftzeichen sind durch Nadelspitzen geformt und perforieren von unten das auf dem Typenkorb aufliegende Papier. Vier der fünf Mitterhofer-Modelle sind der Nachwelt erhalten geblieben. Sie befinden sich in technischen Museen in Wien, Dresden und Meran. Unser Museum historischer Schreibmaschinen zeigt einen Nachbau des Modells 1.

Die „Mitterhofer“ (Modell 1) und ihr Erbauer Peter Mitterhofer [Abb. 4]

Hans-Rasmus Malling-Hansen | Dänemark | 1867 | * 1835 † 1890 | Pastor, „Taubstummenlehrer“ und Erfinder

Er entwickelte die „Skrivekugle“ (= Schreibkugel), die erste in Serie (65 Stück) herge­stellte Schreibmaschine der Welt. Die Typenstäbe schlagen von oben auf das halbkreisförmig eingespannte Papier auf. Für ein Original müssen heute bei Auktionen über 100.000 Euro gezahlt werden.

Die „Schreibkugel“ von Hans-Ramus Malling-Hansen [Abb. 5]

Christopher Latham Sholes | USA | 1873 | * 1819 † 1890 | Buchdrucker, Journalist und Erfinder

Zusammen mit Carlos Glidden und Samuel W. Soulé entwickelte er den „Sholes & Glidden Typewriter“ mit der „QWERTY“-Urtastatur (44 Tasten, nur Großbuchstaben). Die Typenhebel schlugen von unten auf das Papier. Die Schreibmaschinen wurden als Unikate von Hand bemalt, das Tastenfeld konnte bei Nichtbenutzung zugeklappt werden. Die Maschine war auch auf einem Nähmaschinentisch mit Fußpedal benutzbar, bei dessen Bedienung der Wagenrücklauf erfolgte.

Der „Sholes & Glidden Typewriter“ und einer ihrer Erbauer, C. L. Sholes [Abb. 6]

Konstruktionsmerkmale

Die Schreibmaschinen wurden über mehrere Jahrzehnte lang mit unterschiedlichen Konstruktionsmerkmalen gefertigt. Dies führte dazu, dass zwischen dem Anfang des 19. Jahrhunderts und den späten 1980er Jahren insgesamt ca. 600 Schreibmaschinen-Modelle in ca. 2000 Varianten hergestellt wurden.

Tastatur und Umschaltung. Von der Volltastatur (getrennte Tasten für Klein- und Großbuchstaben, Ziffern und Zeichen) – es war keine Umschaltung erforderlich – bis zur Verwendung einer Drittel- oder Vierteltastatur (jeweils drei oder vier Zeichen pro Taste mit doppelter oder dreifacher Umschaltung) wurde alles konstruiert, bis sich die führenden Hersteller 1888 auf einem Kongress in den USA auf die sog. „Halbtastatur“ mit einfacher Umschaltung als Standard einigten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt verbreitete sich auch das „10-Finger-Tastschreiben“. Die „QWERTY“-Tastatur, die Mitte der 1870er Jahre erstmals verwendet wurde, wird bis heute bei den PC- und virtuellen Keyboards benutzt, allerdings erweitert um 15 sog. Drittbelegungstasten (z. B. „AltGr“ + Q oder E zur Verwendung des @- oder €-Symbols). Für den deutschen Sprachraum gilt das „QWERTZ“-, für den französischen Sprachraum das „AZERTY“-Tastaturlayout. Außergewöhnliche alternative „Tastaturen“ wie das Tastaturfeld der „Mignon“ oder das Zeichenfeld der „Hall“ sehen Sie in unserem Museum.

Typenkörper (Typenträger). Durchgesetzt hat sich ab 1890 das sog. Wagner-Getriebe, das erstmals bei der US-amerikanischen „Underwood“ verwendet wurde. Wagner verband den Tastenhebel und den Typenhebel mit jeweils zwei Schriftzeichen (z. B. A und a) mit einem Zwischenhebel. Dadurch schlug der Typenhebel von vorn auf die Schreibwalze auf und ermöglichte eine sofort sichtbare Schrift. Unser Museum zeigt auch Schreibmaschinen mit alternativen und z. T. auswechselbaren Typenkörpern (z. B. Typenräder, -zylinder und -segmente), die damals schon die Verwendung unterschiedlicher Schriftarten ermöglichten. Firmen wie IBM, Olivetti, Olympia und Triumph/Adler verwendeten ab den 1960er Jahren bis zur Einstellung der Schreibmaschinenproduktion in den 1980er Jahren Kugelköpfe, Schreibkugeln und Typenräder, die extrem hohe Schreibgeschwindigkeiten und die Verwendung einer Vielzahl von Schriftarten ermöglichten. Bei diesen Maschinen gab es keinen beweglichen Wagen mehr; der Typenkörper bewegte sich von links nach rechts.

Aufschlag. Das Schreiben auf Maschinen, bei denen der Typenkörper von unten oder von oben auf die Schreibwalze aufschlug, war beschwerlich, da das Geschriebene nicht sofort sichtbar war. Die Schreibwalze musste beim „Unteraufschlag“ zuerst hochgeklappt werden oder man musste sich beim „Oberaufschlag“ über die Maschine beugen, um das Geschriebene zu sehen. Standard wurde deshalb der „Vorderaufschlag“ mit dem Wagner-Getriebe als die zeitökonomischste Form mit sofort sichtbarer Schrift.

Einfärbung, Antrieb und Mobilität. Die Einfärbung des Papiers erfolgte überwiegend durch ein Farbband (später auch durch eine Farbbandkassette). Alternativ wurden zu Beginn der Schreibmaschinenproduktion auch Farbröllchen und Farbkissen verwendet. Die ersten (teil-)elektrischen Schreibmaschinen kamen ab 1873 auf den Markt. Ab 1980 produzierten die Hersteller elektrisch angetriebene und elektronisch gesteuerte Schreibmaschinen mit Display und extern anschließbarem Bildschirm sowie Speichermöglichkeit auf Diskette. Durch die Nachfrage nach kleineren Schreibmaschinen für Geschäftsreisende und deren Sekretärinnen ergab sich spätestens ab Anfang der 1950er Jahre ein neuer Markt für die Produktion immer flacherer, z. T. auch elektrischer Schreibmaschinen.

Industrielle Massenproduktion von Schreibmaschinen

Die Produktion von Schreibmaschinen in großen Stückzahlen nahm ab den 1880er Jahren in den USA Fahrt auf. In den Büros von Wirtschaft und Industrie wurde immer mehr Verwaltungspersonal benötigt, das Kenntnisse in Kurzschrift und im Maschinenschreiben hatte. Die früher ausschließlich männlichen „Schreiber“ in den Kontoren wurden zunehmend durch Frauen abgelöst. Typische Frauenberufe wie Stenotypistin oder Sekretärin entstanden.

Der Bau von Schreibmaschinen verlagerte sich wenige Jahre später auch in die Industrieländer Europas. Viele Firmen sowohl in den USA als auch in Europa, die zunächst andere Produkte wie Fahrräder (Adler) oder Waffen (Remington, Walther) herstellten, bauten sich mit der Herstellung von Schreib- und Rechenmaschinen ein zweites „Standbein“ auf.

Die Erfindung und Weiterentwicklung von Personalcomputern hin zu auch für Kleinbetriebe und Privathaushalte akzeptablen Preisen verdrängte die Schreibmaschinen immer mehr vom Markt, sodass keine Weiterentwicklung dieser Maschinen mehr stattfand. Die Schreibmaschine führt heute – wenn überhaupt noch – ein Nischendasein.

Einrichtungen wie unser Museum historischer Schreibmaschinen oder private Sammler erhalten dieses wertvolle Stück Technikgeschichte am Leben.

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


Bildquellen:

[Abb. 1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Schreibmaschine#/media/Datei:DraisKeyboard1829.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_von_Drais#/media/Datei:KarlDrais.jpg

[Abb. 2]
https://owl.museum-digital.de/singleimage?imagenr=7889
https://en.wikipedia.org/wiki/William_Austin_Burt#/media/File:William_A_Burt_1873.jpg

[Abb. 3]
https://it.wikipedia.org/wiki/Cembalo_scrivano#/media/File:Cembalo_scrivano.jpg
https://it.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Ravizza#/media/File:Giuseppe_Ravizza.jpg

[Abb. 4]
Vereinsarchiv Stenografenverein 1925 Treysa e. V.
https://it.wikipedia.org/wiki/Peter_Mitterhofer#/media/File:Peter_Mitterhofer_01.jpg

[Abb. 5]
Vereinsarchiv Stenografenverein 1925 Treysa e. V.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rasmus_Malling-Hansen#/media/Datei:R_Malling-Hansen_1887.jpg

[Abb. 6]
User:Kosmopolitat CC BY-SA 3.0 https://de.wikipedia.org/wiki/Christopher_Latham_Sholes#/media/Datei:Sholes.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Christopher_Latham_Sholes#/media/Datei:S&g1.jpg